
Jede Schriftstellerin braucht ihren Raum
Das berühmte Zitat von Virginia Woolf, dass eine Schriftstellerin einen eigenen Raum zum Schreiben brauche, ist die Hintergrundmusik dieser Erzählung der norwegischen Autorin Kristin Valla.
Rund zehn Jahre nach ihrem letzten Roman, nach einer Phase mit kleinen Kindern und angestelltem Schreiben als Journalistin geht Valla der Frage nach, ob sie noch Schriftstellerin ist. Was braucht es dafür, sich selbst so zu bezeichnen? Ist es dafür wichtig, von anderen so gesehen zu werden? Zunächst beantwortet sie diese Frage für sich damit, dass ihr ein eigener Raum zum Schreiben fehle – frei nach Virginia Woolf. Valla kauft sich ein kleines, baufälliges Haus in Südfrankreich. In ihrem Text nimmt sie uns Lesende mit auf den Weg. Den Weg, ein Haus zu finden, zu renovieren und zu ihrem eigenen zu machen. Diese Erneuerung steht dabei sinnbildlich auch für ihren Weg, zum literarischen Schreiben, zu ihrem Selbstbewusstsein als Autorin zurückzufinden.
Eigener Weg im Spiegel bekannter Schriftstellerinnen
Gepflastert ist dieser Weg mit Zitaten von unterschiedlichsten Schriftstellerinnen aus mehreren Jahrhunderten. Dabei taucht Valla tief in Tagebucheinträge und Briefwechsel ein, zitiert nicht nur bekannte Lebensweisheiten. Viele Norwegerinnen wie Amalie Skram oder Nobelpreisträgerin Sigrid Undset, aber auch aus anderen Ländern wie Agatha Christie, Alice Walker oder Marguerite Duras. Denn schon immer hat Frauen dieser Spagat zwischen den gesellschaftlichen und den eigenen Erwartungen an sich selbst umgetrieben. Für viele Schreibende war ein eigener Raum die Lösung, sich von der Anspruchshaltung anderer zu befreien. Eine Tür zumachen zu können, im Wortsinne, um symbolisch Raum einzunehmen mit der Tätigkeit des Schreibens.
Valla schreibt erfrischend leicht und geht dennoch in die Tiefe. Sie entblößt sich und gibt Leserinnen, die selbst schreiben, damit die Chance, ebenfalls ehrlich zu sich selbst zu sein, Hindernisse auf dem eigenen Schreibweg zu identifizieren und aus eben diesem zu räumen.
Aus dem Klappentext
Von Schriftstellerinnen, ihren Rückzugsorten und einem kleinen Haus im Süden Frankreichs.
Obwohl sie mit dreißig mehrere international beachtete Romane veröffentlicht hat, stellt Kristin Valla mit Anfang vierzig fest, dass niemand – nicht einmal sie selbst – sie noch als Schriftstellerin betrachtet. Inzwischen ist sie Mutter geworden, ihr ehemaliges Arbeitszimmer in der kleinen Osloer Wohnung zum Kinderzimmer, und im Kreise anderer Kreativer fragt schon längst niemand mehr, woran sie gerade arbeitet. So fasst sie den Entschluss, sich den verlorenen Schaffensraum zurückzuerobern.
Infos
- Titel: Ein Raum zum Schreiben
- Autorin: Kristin Valla
- Übersetzerin: Gabriele Haefs
- Verlag: mare, 1. Auflage 2025 (norwegisches Original “Egne steder: om skrivende kvinner, lidenskap og et lite hus på den franske landsbygda” im Kagge Verlag von 2023)
- ISBN: 978-3-86648-737-6