Phantastik-Autorin Julie Constantin über ihr Mysteriöses Sammelsurium

Julie Constantin habe ich vor einigen Jahren in einer Kurzgeschichten-Werkstatt am Nordkolleg Rendsburg kennengelernt. Übrigens ein toller Ort mit wunderschönem Garten zum Schreiben und Lernen.

Bei ihrem Band „Das mysteriöse Sammelsurium. 13 phantastische Kurzgeschichten“ durfte ich sie dann als Lektorin begleiten. Netterweise hat sie ein paar Fragen zum Schreiben und Veröffentlichen beantwortet.

Der Titel deiner Sammlung hat mich sofort fasziniert. Besondere Worte wie „Sammelsurium“ mag ich sehr gerne. Um was für eine Art von Phantastik geht es?

Es ist sehr gemischt, weshalb ich es auch „Sammelsurium“ genannt habe. Zwei Steampunk-Geschichten sind dabei, andere gehen mehr ins typische Fantasy-Genre, z. B. dreht sich eine um eine Keks-Hexe, die nur Kekse hexen kann und in einer anderen unterhält sich jemand mit dem Tod. Ansonsten treiben sich unter anderem Drachen, Geister und Figuren wie Rotkäppchen oder die Baba Yaga in den Geschichten herum. Die Storys sind immer phantastisch, aber eben nicht alle aus einem Genre – ein phantastischer Kessel Buntes sozusagen.

Du hast mehrere Geschichten in einem Band versammelt. Wie bist du an die Auswahl und Strukturierung herangegangen?

Poträt Autorin Julie Constantin

Zwei von den Kurzgeschichten hatte ich vorher schon im phantastisch!-Magazin veröffentlicht, die wollte ich auf jeden Fall mit drin haben, da sie ja schon von einer Redaktion für gut befunden wurden. Als Anfängerin im Autorinnen-Geschäft war ich mir sehr unsicher, wie meine Geschichten überhaupt beim Publikum ankommen, und die zwei bereits gedruckten Storys haben mir dabei etwas Rückhalt gegeben. So nach dem Motto: Zwei von Dreizehn sind zumindest so gut, dass eine Redaktion sie gekauft und gedruckt hat. Fehlen nur noch elf.

Eine von den elf Geschichten, „Das neue Leben der Louise Flinn“, hatte ich mal für einen Kurzgeschichten-Wettbewerb geschrieben. Aber sie war am Schluss zu lang, um sie einzureichen, wenn ich mich recht erinnere. Ich fand sie allerdings zu schade, um sie im PC vor sich hinvegetieren zu lassen. Deshalb habe ich auch diese Geschichte mit reingenommen. Die Kurzgeschichte „Nur das Beste“ habe ich ursprünglich für eine Lesung mit einem Schreibkreis entwickelt. Die musste ich teilweise noch verändern, da sie hauptsächlich zum Vorlesen gedacht war. Die anderen neun Geschichten sind alle durch kleine Ideen-Fragmente entstanden, die ich dann zu Kurzgeschichten ausgearbeitet habe. Diese Texte habe ich alle extra für die Anthologie geschrieben. So viel Auswahl gab es deshalb bei mir nicht, da ich kein überschüssiges Material hatte, sondern der Großteil direkt dafür entworfen wurde. Die Anordnung der Geschichten im Buch sollte natürlich auch abwechslungsreich sein. Aus diesem Grund habe ich die zwei Steampunk-Kurzgeschichten nicht hintereinander angeordnet und die letzte Geschichte bereits als Abschluss geschrieben. Die anderen sind aber alle so unterschiedlich, dass es da eigentlich keine Struktur in dem Sinne gibt. Aber ein bisschen kreatives Chaos muss auch sein.

Wo hast du dich übers Selfpublishing informiert? Hast du für andere Schreibende Tipps für Internetseiten, Podcasts o. ä.?

Übers Selfpublishing habe ich mich hauptsächlich übers Internet informiert. Ich habe aber vorher schon viele Jahre Weiterbildungen für Schreibende besucht. Die gingen zwar hauptsächlich ums Kreative Schreiben, aber die ein oder andere Autorin oder der ein oder andere Autor hat manchmal etwas über den Ablauf im Verlag oder die Veröffentlichung erzählt. Mir war also schon sehr früh bewusst, dass ich auf jeden Fall ein professionelles Lektorat sowie Cover und Buchsatz von Profis brauche. Generell würde ich die Webseite Selfpublisherbibel empfehlen (gibt es auch als Buch) und die Webseite vom Selfpublisher Verband für den groben Überblick. Ganz verschiedene SP-Themen werden in der Zeitschrift „Selfpublisher“ vom Uschtrin Verlag behandelt. Podcasts höre ich nicht so viel, doch ich finde den „Zeilenschlinger Podcast“ hin und wieder sehr interessant. Dort drehen sich die Themen aber um das Schreiben im Allgemeinen. Ansonsten habe ich sehr viele Bücher über das Kreative Schreiben gelesen. Das erste war, glaube ich, „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“ von James N. Frey. Ich würde dieses Buch Schreibenden mit Vorwissen empfehlen, für blutige Anfänger ist es nicht ganz verständlich. Zumindest ging es mir so. Einen guten Überblick über das Schreiben von Geschichten gibt „Romane und Kurzgeschichten schreiben“ von Alexander Steele. Dieses Buch finde ich sehr gut für Anfänger geeignet. Auch „Save the Cat“, ein Buch über das Drehbuch-Plotten, ist fast schon ein Standardwerk für Autoren verschiedener Branchen. Das gibt es mittlerweile auch für Romane. Was ich zusätzlich aufschlussreich finde, sind Interviews von Schriftstellern, die über ihre Arbeit sprechen. Von Stephen King z. B. gibt es welche auf Youtube, ebenso von Bradon Sanderson.

Als Selfpublisherin bist du für alles alleine verantwortlich. Wie hast du diejenigen gefunden, mit denen zu zusammengearbeitet hast? Im Lektorat, fürs Cover, für den Satz, …?

Wie oben schon erwähnt, kenne ich dich ja von deinem Kurs am Nordkolleg und du hast mich mit deiner Kompetenz da wirklich überzeugt. Das Cover habe ich bei einer Designagentur machen lassen (Starfountain Design). Ich kannte die Inhaber der Agentur aber vorher schon durch Redaktionspraktikum und die Zusammenarbeit in einer Werbeagentur, als ich noch Studentin war. Deshalb wusste ich, dass auf jeden Fall ein qualitativ hochwertiges Cover mit einem Stil, der mir gefällt, dabei rauskommt. Beim Buchsatz habe ich erstmal gegoogelt und hatte am Schluss zwei zur Auswahl. Stefanie Scheurich hat mich dann mit ihrer Professionalität überzeugt und außerdem war sie mir sehr sympathisch. Das ist bei der Zusammenarbeit auch wichtig, meiner Meinung nach: Dass man sich versteht und auf Augenhöhe ist.

Was hättest du vor dem Selfpublishing gerne gewusst? Also, was möchtest du angehenden Selfpublisher*innen mitgeben?

Es ist sehr teuer, wenn man alles ordentlich machen will. Ohne das Buchstipendium, das ich damals bekam, hätte ich es mir zum damaligen Zeitpunkt nicht leisten können. Die Höhe des Stipendiums betrug 5.000 Euro. Das habe ich komplett aufgebraucht. Ein extra Korrektorat ist außerdem wichtig. Bei mir hast du zum Glück die Schreibfehler ausgemerzt, aber beim nächsten Buch werde ich ein zusätzliches Korrektorat beauftragen. Das muss einfach sein. Ein Schreibfehler bringt einen nicht um, aber mehrere wirken schnell unprofessionell. Schließlich zahlen die Lesenden Geld für das Buch. Was auch wichtig ist: Gebt euer Bestes beim Schreiben, aber macht euch vor der Veröffentlichung nicht zu viel Gedanken. Der eigene Kritiker im Kopf kann einen schnell entmutigen, sogar wenn ihr professionell arbeitet. Bei mir kamen irgendwann Zweifel auf: Was, wenn es keinem gefällt, was ich schreibe? Was, wenn ich nur unterirdische Bewertungen online bekomme? Wenn ihr ein ordentliches Lektorat mit mehreren Überarbeitungen und ein Korrektorat hattet, dann hört diesem Kritiker nicht zu. Der soll jetzt einfach die Klappe halten und sie erst in der Überarbeitungsphase des nächsten Buches wieder aufmachen. Da könnt ihr ihn brauchen. Ansonsten soll der sich einen Schirm und eine Liege nehmen, an den Kritiker-Strand fahren und Kritiker-Urlaub machen. Da kann er sich von mir aus über den zu heißen Sand beschweren oder darüber, dass ihm das Meer zu nass ist. In eurem Kopf hat er jetzt Pause. Denn es ist euer erstes Buch. Das haben sich nun Profis angeschaut. Wahrscheinlich mehrmals. Wenn trotzdem was schief läuft, lernt ihr aus euren Fehlern. Und meistens läuft es besser als erwartet. Nur trauen müsst ihr euch!

Wir haben uns bei einer Schreibwerkstatt kennengelernt. Besuchst du häufiger Kurse? Was ist für dich dabei hilfreich und kannst du Veranstalter*innen neben dem Nordkolleg empfehlen?

Leipziger Autor*innenrunde auf der Buchmesse LeipzigIch bin ein großer Fan von Präsenzkursen. Erstens, weil man andere Autor*inen/Schreibende kennenlernt. Die kennen nämlich die Probleme unserer Zunft und man kann sich gegenseitig sein Leid klagen oder sich über Schreibtechniken, andere Kurse oder ähnliches austauschen. Zweitens, weil man etwas über das Schreibhandwerk lernt und – je nach Kurs – (selbstverfasste) Texte besprochen und kritisiert werden. Da lernt man richtig viel dabei. Neben dem sehr schönen Kurs vom Nordkolleg kann ich die Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel empfehlen. Die haben auch ganz tolle Schreibkurse, die von Autor*innen, Lektor*innen oder anderen Mitwirkenden aus der Buchbranche gehalten werden. Da sie mehrtägig sind, gehören meist zwei Übernachtungen dazu. Mittlerweile bietet die Bundesakademie aber auch Online-Kurse an. Ansonsten fand ich die Autor*innenrunde der Leipziger Buchmesse immer sehr schön. Dort kann man den ganzen Tag an verschiedenen einstündigen Workshops zu den unterschiedlichsten Schreib- und Autor*innenthemen teilnehmen. Und auf der LBM ist es sowieso immer schön.

 

Hier findet ihr weitere Informationen über Julie:

 

  • Portaitfotos: (c) Starfountain Design Nürnberg
  • alle anderen: (c) Julie Constantin

 

Weitere Interviews findet ihr hier im Blog:

 

PS: Da Julie Constantin den Zeilenschlinger-Podcast erwähnt hat: Eine Übersicht über Podcasts für Schreibende habe ich (Maike Frie) in der Mai-Ausgabe des Tempest-Newsletters zusammengestellt.

 

 

 

 

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