Greifen als Glücksbringer

Greifen, Grabraub und Gelichter – Rezension zu Maike Claußnitzers aktueller Geschichtensammlung

Bereits der Titel dieses Erzähl-Bandes führt direkt mitten hinein in die Fantasiewelt, denn es geht um Gelichter – Gesindel ist vielleicht der allgemeinverständlichere Begriff –, von dem in passender Fantasy-Sprache berichtet wird: mit lauter schönen, älteren Ausdrücken, die unsere Vorstellungskraft anregen und zu Unrecht in Vergessenheit geraten.

Die Autorin Maike Claußnitzer zeigt in fünf Geschichten die Sorgen und Nöte von Kriegerinnen, unfreiwilligen Dieben, Schwertmeistern und Richterinnen. Drei der fünf Erzählungen greifen Figuren aus ihrem Roman Tricontium auf, der 2013 erschienen ist. Aber auch ohne diese Welt zu kennen, bangt man schnell mit den Figuren mit und freut sich über glückliche Wendungen in ihrem Leben. Jede Geschichte ist aus einer anderen Perspektive und von einem anderen Zeitpunkt aus erzählt und schafft so einen erweiterten Blick auf das Geschehen.Auch die beiden Erzählungen, die keine Figuren aus Tricontium aufgreifen, spielen in einer ähnlichen Welt. Damit bleibt der Lesefluss über alle fünf Texte gewahrt. Anschauliche Details ziehen in die Geschichten hinein, sodass die Marktplätze und Hütten, die Figuren, ihre Kleidung und Sitten greifbar werden.

In „Der Mann, der die Greifen füttert“ bangt man mit dem Dieb Toste, ob sein Leben wohl eine gute Wendung nehmen wird, weil er als Greifenfreund von Anfang an sein gutes Herz zeigt. Denn dass Greifen Glücksbringer sind, ist schließlich allgemein bekannt …

„Der Weg ins andere Land“ führt in eine Welt mit indianisch anmutenden Sitten. Es geht um Versprechen zwischen Lebenden und an die Toten und darum, wie man sich selbst treu bleiben kann.

Wo sich Drachen gerne kraulen lassen

„Ein guter Name“, „Memoria“ und „Priesterzahn und Schweineknochen“ sind die drei Geschichten, die in der Welt von Tricontium spielen, alle zur Weihnachtszeit in unterschiedlichen Jahren – mit Drachen, die sich gerne den Rückenkamm kraulen lassen. Auch wenn jeder einzelne Text für sich gut lesbar ist, hätte ich mir ein paar Erläuterungen zur Welt und zu den Beziehungen zwischen den Figuren von Tricontium gewünscht – aber das kann ich ja jetzt anschließend nachlesen …

Besonders gut gefällt mir, wie selbstverständlich gleichberechtigt die Weltordnung aufgebaut ist: Priesterinnen und Schwertmeisterinnen neben Fürsten und Korbflechtern, ohne dass die Hierarchien thematisiert werden. Jeder wird an seinem Verhalten gemessen. Eine eindeutige Empfehlung meinerseits für alle, die sich gerne auf Fantasiewelten einlassen!

Mehr über ihre Buchwelten in Maike Claußnitzers Blog ardeija.

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